Hospizhund

IInnhhaalltt Einleitung……………………………………………………………………………………….. …….. 02 1 Tiergestützte Intervention……………………………………………………………………... ..…… 03 1.1 Therapiehunde-Team……………………………………………………………………. ….….. 06 1.2 Hospizhund……………………………………………………………………………….. …….. 08 2 Hospizarbeit…………………………………………………………………………………….. …….. 10 2.1 Begleitung………………………………………………………………………………… …….. 11 2.2 Kommunikation…………………………………………………………………………... …….. 13 3 Planung des Gesamtprojektes……………………………………………………………….. …….. 15 3.1 Allgemeine Projektangaben…………………………………………………………….. …….. 15 3.2 Zielsetzungen, Wirkungsansätze & inhaltliche Gestaltungsplanung……………….. …….. 17 3.3 Rahmenbedingungen, Hygiene & Risikobewertung…………………………………. …….. 18 3.4 Ergänzende Aspekte…………………………………………………………………….. …….. 21 4 Umsetzung des Gesamtprojektes……………………………………………………………. …….. 21 4.1 Zielgruppe………………………………………………………………………………… …….. 22 4.2 Zielperspektive…………………………………………………………………………… …….. 22 4.3 Verlaufsanalyse………………………………………………………………………….. …….. 23 5 Kritische Würdigung des Gesamtprojektes…………………………………………………. …….. 25 5.1 Ausblick…………………………………………………………………………………… …….. 28 5.2 Desiderata………………………………………………………………………………... …….. 29 Literatur…………………………………………………………………………………………. …….. 32 Danksagung……………………………………………………………………………………. ……. 34 0

EEiinnlleeiittuunngg Ausgangsbasis der vorliegenden Arbeit ist das gleichnamige, in einer dreimonatigen Pilot-Phase durchgeführte Praxisprojekt. Erkenntnisleitende Fragestellungen zu Beginn dieses Projektes waren u. a.:  Kann bzw. wie kann eine hundgestützte Intervention an diesem besonderen Ort stattfinden?  Wird ein Angebot von den Gästen angenommen, d. h. wünschen Gäste in dieser Phase (noch) Kontakt zu einem fremden Hund bzw. Mensch- Hund-Team?  Was kann ein Therapiehunde-Team Besuch bei den Gästen bewirken? Welche möglicherweise positiven Effekte können wie oder wodurch erzielt werden?  Sind ggf. auch Schwierigkeiten zu erwarten (etwa Überforderung auf Seiten des Gastes oder des Hundes) und wie kann diesen begegnet werden? Um einen theoretischen Rahmen zu setzen, werden zunächst grundlegende Begriffe (Kapitel 1) angerissen sowie wichtige Aspekte der Hospizarbeit (Kapitel 2) benannt. Anschließend werden die Planung (Kapitel 3) und Umsetzung (Kapitel 4) des Projektes dargestellt. In einem abschließenden Kapitel (5) wird das Gesamtprojekt kritisch-würdigend reflektiert. 2

1 1 TTiieerrggeessttüütztztte e IInntteerrvveennttiioonneenn Die für diese Arbeit relevanten Begriffsdefinitionen werden nachfolgend aufgrund ihrer Diversität und Komplexität lediglich angedeutet. Zunächst gilt die Bezeichnung „Tiergestützte Interventionen“ für alle Maßnahmen in den unterschiedlichsten Praxisfeldern, bei denen geeignete Tiere gezielt als Medium eingesetzt werden, um positive Auswirkungen auf das Erleben, Befinden, Verhalten oder/ und die individuelle Entwicklung eines Menschen zu erzielen (Definition in Anlehnung an Dr. G. Gatterer, nach Röger- Lakenbrink 2011, S.30). Obwohl in Deutschland in den letzten Jahren ein professioneller Einbezug von Tieren in verschiedene soziale Arbeitsbereiche vermehrt zu verzeichnen ist, besteht hier, im Gegensatz zum anglo-amerikanischen Raum, nach wie vor die Schwierigkeit der uneinheitlich verwendeten und ungeschützten Begrifflichkeiten. Selbst unter führenden Organisationen und Dachverbänden, die weitgehend ähnliche inhaltliche und Qualität sichernde Aspekte vertreten, gibt es keine Einigkeit hinsichtlich einer allgemein gültigen Definition und dementsprechend anzuwendender Termini. Problematisch erscheint dabei nicht nur die Vielzahl verwendeter Begriffe, sondern auch die Divergenz hinsichtlich der Bedeutung einzelner Begriffe, etwa der des Terminus „Therapie“. Der europäische Dachverband für Tiergestützte Therapie - European Society for Animal Assisted Therapy (ESAAT) mit Sitz in Wien, orientiert sich mit der Verwendung des Begriffes „Therapie“ an der Internationalen Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit (ICF) der Weltgesundheitsorganisation (WHO), wonach „Therapie umfassend im Sinne einer professionellen Helferbeziehung mit Einflussnahme auf den Menschen“ verstanden wird. „Tiergestützte Therapie“ findet demnach als Überbegriff für 3

alle zielorientierten Maßnahmen und Methoden, bei denen Tiere unterstützend eingesetzt werden, Verwendung (vgl. ESAAT, 2012). Dies umfasst gesundheitsfördernde, präventive und rehabilitative Angebote gleichermaßen. Bezugnehmend auf die ursprünglichen, einst im anglo-amerikanischen Raum von der Delta Society etablierten, entsprechend ihrer Einsatzbereiche unterschiedenen Begrifflichkeiten der „tiergestützten Aktivitäten, ~ Fördermaßnahmen, ~ Pädagogik und ~ Therapie“ (vgl. Vernooij/ Schneider 2013, S. 29ff) vereint die o. g. Definition alle diese Tätigkeitsfelder seien sie sozial-integrativer, pädagogischer, psychologischer oder (medizinisch-) therapeutischer Ausrichtung, unter dem einen Begriff: Tiergestützte Therapie. Der internationale Dachverband International Society for Animal Assisted Therapy (ISAAT) hingegen beschränkt den Begriff Tiergestützte Therapie auf ein rein professionell ausgerichtetes therapeutisches Arbeitsfeld (etwa die Psychotherapie). In Anlehnung an die Definition der International Association of Human Animal Interaction Organisations (IAHAIO), die sich selbst als „a global umbrella organization“ (http://www.iahaio.org/new/index.php, zuletzt aufgerufen am 01.08.2016) bezeichnet und ihren Sitz in Washington hat, verwendet ISAAT stattdessen „Tiergestützte Interventionen“ als Oberbegriff. Dieser subsumiert – jeweils ausgehend von der grundständigen Berufsqualifikation des Ausübenden – Tiergestützte Therapie, ~ Pädagogik und ~ Aktivitäten (vgl. http://aat-isaat.org/standards/definitions, zuletzt abgerufen am 01.08.2016). Vernooij/ Schneider beschreiben in ihrem Handbuch wesentliche Abgrenzungsmerkmale der dem Begriff der Tiergestützten Intervention subsumierten Formen (vgl. Vernooij/ Schneider 2013, S. 46ff): 4

Inter- ventions- form: v Krite- rium: > TG Aktivität TG Förderung TG Pädagogik TG Therapie Voraussetzungen des ausübenden Mensch-Tier-Teams Zielsetzung Struktur Planung & Dokumentation Laien, oft ehrenamtlich, geeignete Tiere unterschiedlich (berufs-) qualifizierte Personen, trainierte Tiere Päd. Grundqualifikation, spezifisch trainierte Tiere Berufsqualifikation im therapeutischen Bereich, spezifisch trainierte Tiere Verbesserung des allgemeinen Wohlbefindesn/ der Lebensqualität individueller Entwicklungsfortsch ritt Konkreter individueller Lernfortschritt (sozio-emotionaler Bereich) Lebensgestaltungs- kompetenz, Persönlichkeitsent- wicklungsfortschritt, konkrete, operationalisierte Teil- und Endziele sporadisch, freie Begegnung („meet and greet“) frei, keine individuelle Klientenorientie-rung, keine Dokumentation in Frequenz und Dauer flexible, mehrmalige Aktivitäten regelmäßige Aktivitäten über einen längeren Zeitraum regelmäßige, über einen längeren Zeitraum festgelegte Sitzungen klienten- und ressourcenorientiert, Förder(verlaufs-) plan, Dokumentation des Fortschritts Klientenorientiert, Förderplan, Verlaufsprotokoll mit Bezug zu Zielvorgaben Problemanalyse, individueller Therapieplan, Sitzungsprotokolle, Dokumentation des Fortschritts In der Praxis zeigt sich, dass die Übergänge der einzelnen Formen oft fließend sind, da sich die Abgrenzungsmerkmale überschneiden bzw. diese sich nicht zwingend alle gleichsam aufrecht erhalten lassen. Letztendlich ist für eine Qualitätssicherung essentiell, dass die Ausübung der Tätigkeit sich jeweils auf den Kompetenzrahmen beschränkt, der ausgehend von der Grundqualifikation im Primärberuf, einer zusätzlichen Fachausbildung im Bereich der Tiergestützten Arbeit sowie ggf. diverser Zusatzqualifikationen vorgegeben ist. Hierüber sind sich Dachverbände und in diesem Bereich führende Organisationen einig, auch wenn unter Umständen für dieselbe Arbeit unterschiedliche Ausdrücke verwendet werden. Divergenz wiederum herrscht hinsichtlich der inhaltlichen Gestaltung einer qualifizierten Fachausbildung für Mensch und Tier. Im Rahmen dieser Arbeit ist 5

es nicht möglich, den für diesen Bereich derzeitig vorherrschenden Qualitäts- und Ausbildungsstand in Deutschland abzubilden. Es wird an dieser Stelle auf eine bestehende Problematik bezüglich fehlender allgemeingültiger inhaltlicher Mindeststandards der Qualifikations- und Ausbildungsangebote, flächendeckend vereinheitlichter Konzepte sowie einem Mangel an geschützten Berufs- bzw. Tätigkeitsbezeichnungen hingewiesen (vgl. hierzu auch Röger-Lakenbrink 2011, S.16ff; Vernooij/ Schneider 2013, Kapitel 4 und Wohlfahrt/ Mutschler 2016, S.11-15 und 224f). 1.1 1.1 TThheerraappiieehhuunndde-e-TTeeaamm Die oben beschriebene allgemeine Problematik hinsichtlich Termini und Qualitätsstandards spiegelt sich auch im konkreten Bereich der Ausbildung für Mensch-Hund-Teams wider. Laut DATB/ DBTB e.V.1 werden ausgebildete Therapiehunde bei Privatpersonen und/ oder in Institutionen im Dienste der Gesundheit, Resozialisierung und Rehabilitation eingesetzt. Eine klare Abgrenzung findet zu so genannten Servicehunden (Assistenz-/ Behindertenbegleit-, Blindenführ-, Signal- und Warnhunden) statt, welche jeweils einen auf ihren zukünftigen Besitzer individuell bezogenen und speziell unterstützenden Hilfsdienst erlernen (etwa das Anzeigen durch Laut geben oder Pfote auflegen des Diabetiker-Warnhundes bei Unterzuckerung seines Besitzers). Nach Röger-Lakenbrink verbleibt ein Therapiehund als speziell ausgebildeter Hund bei seinem ebenfalls besonders geschulten Besitzer und beide arbeiten zukünftig ausschließlich als Team an wechselnden Einsatzorten mit unterschiedlichem Klientel. Der Therapiehund begleitet und unterstützt dabei seinen Besitzer und kann seine Aufgabe nur in Zusammenarbeit mit diesem optimal erfüllen (vgl. Röger-Lakenbrink 2011, S. 24f). Abgeleitet von dieser 1 Deutscher Ausbildungsverein bzw. Berufsverband für Therapie- und Behindertenbegleithunde e. V. [Definition laut Ausbildungs-Skript von 2012] 6

Definition haben sich daher neben der Bezeichnung „Therapiehund“ vor allem auch die Begriffe „Therapiebegleithund“ und „Therapiehunde-Team“ bzw. „Therapiebegleithunde-Team“ im deutschen Raum etabliert. Der Einsatzbereich bzw. das Wirkungsfeld eines ausgebildeten Mensch-Hund- Teams ist abhängig von der fachlichen Qualifikation, Kompetenz und (Berufs-) Professionalität des jeweiligen Menschen. Vernooij/ Schneider kritisieren die Bezeichnung Therapiehund/ Therapiebegleithund mit Hinblick auf ihr eng gefasstes rein professionelles Therapieverständnis. Demnach ist ein Therapiehund ausschließlich ein speziell ausgebildeter oder trainierter Hund, der „[…] in begleitender und unterstützender Funktion in [psycho-] therapeutische Prozesse oder Konzepte eingebunden [ist]“ (Vernooij/ Schneider 2013, S.196). Sie führen stattdessen den Begriff „Sozialhund“ für die Interventionsformen der Tiergestützten Aktivität, ~ Förderung und ~ Pädagogik ein (vgl. ebd.). In der Praxis allerdings hat eine Differenzierung Sozial- vs. Therapiehund sich bisher nicht durchgesetzt. Darüber hinaus kursieren in Deutschland zahlreiche Wortkreationen, die einen spezifischen Einsatzbereich des Hundes betiteln (etwa Schulhund, KiTa-Hund, Päd-Dog, Ergo-Dog, Physio-Hund, etc.). Diese Begriffe suggerieren eine spezifische Qualifikation, sind jedoch meist weder geschützt, noch kann daraus zwingend auf eine speziell für diesen Bereich qualifizierte Ausbildung des ausübenden Mensch-Hund-Teams geschlossen werden. Die Wortvielfalt bildet aber den Versuch der Ausübenden hinsichtlich einer genaueren Begriffsdifferenzierung ihrer einzelnen Einsatzbereiche ab (siehe hierzu auch Kapitel 1.2). Wie oben bereits für das Tätigkeitsfeld der Tiergestützten Intervention im Allgemeinen erwähnt, bleibt auch hier die Forderung nach einer fundierten, 7

standardisierten Ausbildung mit flächendeckend einheitlichen Mindestqualitätsstandards. „Therapiehunde können […] wissenschaftlich nachgewiesen erstaunlich positive Wirkungen […] erzielen. Voraussetzung dazu ist aber eine solide Ausbildung in verschiedenen Bereichen, und zwar sowohl für den Hund als auch für den Mensch. Nur als geschultes und eingespieltes Team sind beide erfolgreich einsetzbar, ohne sich selbst und anderen zu schaden. Leider gibt es bislang in Deutschland aber weder eine einheitliche Ausbildung noch verbindliche Qualitätsstandards für diese wichtige und verantwortungsvolle Tätigkeit.“ (Röger-Lakenbrink 2011, Buchrücken) 1.2 1.2 HHoossppiizzhhuunndd Aufgrund oben aufgezeigter Problematik der Diversität der Begrifflichkeiten, sei zunächst darauf hingewiesen, dass der hier verwendete Projekt- und Arbeitstitel „Hospizhund“ in dem Sinne keinen eigenständigen, auf eine bestimmte Ausbildung oder Qualifikation abzielenden Terminus darstellt. Dieser reiht sich vielmehr in die oben erwähnten zahlreichen Wortkreationen ein – ebenfalls in dem Bestreben, mit einem prägnanten Wort den eindeutigen Einsatz des (seinen Menschen begleitenden) Hundes in diesem speziellen Wirkungsfeld zu benennen. Angesichts unserer Ausbildung und Qualifikation als Therapiehunde-Team lag zunächst nahe, diesen Titel zu verwenden. Der Begriff eignete sich jedoch nur bedingt, um die angestrebte Interventionsform zu bewerben. Die Problematik bezüglich Bedeutungs- und Interpretationsvielfalt des Ausdrucks „Therapie“ wurde in diesem Zusammenhang bereits hinlänglich beschrieben. In der breiten Bevölkerung ist der Begriff oftmals negativ konnotiert oder gar stigmatisiert. Die anvisierte Zielgruppe hat ihre eigenen, subjektiv geprägten Assoziationen mit dem Begriff und zieht womöglich eine Verbindung zur medizinischen Ausrichtung, weshalb die Begriffe „Therapiehund“ bzw. „Therapiehunde-Team“ hier ungeeignet erscheinen. Letzterer führt im 8

allgemeinen Sprachgebrauch zu weiteren Missverständnissen: So gingen beispielsweise einige Gäste aufgrund der Angebotsbeschreibung „Therapiehunde-Team Besuch“ von einem vermeintlichen Einsatz mehrerer Hunde aus. Im Hinblick auf das anvisierte Wirkungsfeld und die angestrebte Interventionsform kämen noch die Bezeichnungen „Besuchshund“ oder „Sterbebegleithund“ in Frage. Die konservative Einordnung – und das noch gängige Fachverständnis – des Begriffes „Besuchshund“ hinsichtlich der Interventionsformen und ihrer Abgrenzungskriterien (siehe Tabelle S. 5) widerspricht einer Verwendung dieser Bezeichnung. Heutzutage werden so genannte Tierbesuchsdienste längst nicht mehr nur von ehrenamtlichen Laien mit ihren eigenen, untrainierten Haustieren angeboten, sondern oft von ausgebildeten, [gemäß der Tabelle bereits über-] qualifizierten Mensch-Tier- Teams systematisch geplant und strukturiert durchgeführt. Ein weiteres Ausschlusskriterium ist die Tatsache, dass der Begriff Besuchshund im Hospiz Nordheide bereits Anwendung findet, wenn Angehörige der Gäste mit ihren eigenen Haustieren zu Besuch kommen. Die Bezeichnung „Sterbebegleithund“ erscheint unangemessen, insbesondere auch im Hinblick auf das in Kapitel 2 beschriebene Verständnis einer Begleitung im Hospiz. Eine Begleitung ist hier vielmehr als eine Lebensbegleitung bis zuletzt zu verstehen. Als Projekt- und Arbeitstitel ist daher die Bezeichnung „Hospizhund“ dienlich. 9

2 2 HHoossppiizzaarrbbeeiitt Der Begriff Hospiz (lat. hospitium = Herberge) bezeichnete noch im Mittelalter Räume der Erholung und Ruhe für Pilger, Wanderer und Reisende auf ihrer Wegstrecke. Sie erfuhren hier Gastfreundlichkeit und mitmenschliche Hilfsbereitschaft. Eine Wegstation, die Sterbende auf ihrem letzten Weg begleitet, schuf die Sozialarbeiterin, Krankenschwester und Ärztin Cicely Saunders. Mit der Eröffnung des Hospizes St. Christopher 1967 in London begründete sie die moderne Hospizbewegung. Diese zielt, damals wie heute, auch auf die Enttabuisierung der Themen Sterben und Tod, d. h. eine Sensibilisierung der Gesellschaft für einen bewussten Umgang mit und eine offene Gesprächskultur über die Themen Sterben und Tod ab. Ebenfalls noch aus der Zeit der Reisenden und Herbergssuchenden stammt der Begriff „Gäste“. In vielen Hospizen werden Sterbende auch heutzutage nicht als Patienten oder Bewohner sondern als Gäste bezeichnet. Diese Bezeichnung untermauert Cicely Saunders Grundidee einer Wegstation und die damit verbundene Haltung individueller Hin- und Zuwendung. „Sie sind wichtig, weil Sie eben SIE sind. Sie sind bis zum letzten Augenblick Ihres Lebens wichtig und wir werden alles tun, damit Sie nicht nur in Frieden sterben, sondern auch bis zuletzt bewusst leben können.“ (Cicely Saunders) Ausgehend von einer lebensbejahenden Grundidee und einer ganzheitlichen Betrachtung des Menschen, möchte die moderne Hospizbewegung erreichen, dass auch diese Lebensphase bis zuletzt sinnerfüllt und bewusst gelebt und eine würdevolle, humane Sterbepraxis gestaltet werden kann. Die vier Grundsäulen einer, heutzutage sowohl im stationären als auch im ambulanten Hopsizdienst angebotenen, ganzheitlichen Begleitung sind:  die medizinische Versorgung 10

 die pflegerische Betreuung  die (psycho-) soziale Begleitung  die spirituelle Begleitung 2.1 2.1 BBeegglleeiittuunngg Begleitung im Hospiz versteht sich als Lebensbegleitung bis zuletzt, welche den Gast mit seiner Biografie, seinen individuellen Wünschen, Bedürfnissen, Ressourcen und subjektiven Belastungen stets in den Mittelpunkt stellt. Was jeweils zur Lebensqualität, zum individuellen Wohlbefinden beiträgt, mag für jeden Gast etwas Anderes sein: Die Zigarette im Bett, die frische Luft und das Zwitschern der Vögel bei geöffneter Terrassentür, eine gemeinsame Mahlzeit mit Angehörigen, oder eben ein Tierkontakt. Gerade dann, wenn Tiere immer schon eine wichtige Rolle im Leben des Gastes einnahmen, kann der Besuch eigener Haustiere oder – so die Hypothese – auch des „Hospizhundes“ zum Wohlbefinden des Gastes beitragen. Eine [Weg-/ Sterbe-/ Trauer-] Begleitung meint auch auf sozialer und spiritueller Ebene einen mitfühlenden Beistand. Die Fürsorge und Weg begleitende Unterstützung gilt dabei auch seinen Nahestehenden mit ihren Bedürfnissen und Empfindungen. „Auch für Angehörige und Freunde ist das Hospiz ein geschützter Raum, in dem sie über ihre Sorgen und Ängste sprechen, sich zurückziehen und ihre Trauer leben können. Um wichtige Beziehungen aufrecht zu erhalten und das persönliche Umfeld zu integrieren, werden sie gerne aktiv in die Begleitung einbezogen und finden Unterstützung im Umgang mit dem schwerkranken, sterbenden Menschen und der Auseinandersetzung mit seiner Erkrankung und seinem Tod.“ (http://www.hospiz-nordheide.de/pflegebegleiten/index.html [zuletzt abgerufen am 09.09.2016]) Eine Kenntnis über die emotionalen Phasen, die sowohl Sterbende als auch 11

Trauernde in ihrem individuellen Prozess durchlaufen können, mag für einen reflektierteren Umgang mit ihnen sensibilisieren. Die fünf Phasen eines Sterbe- und Trauerprozesses nach Kübler-Ross (vgl. Student 2006, S. 2ff) sind: 1) Nicht wahrhaben wollen/ Verleugnen [denial] 2) Wut/ Zorn [anger] 3) Verhandeln [bargaining] 4) Depression [depression] 5) Annehmen/ Akzeptanz [acceptance] Diese Phasen werden in Dauer und Intensität individuell unterschiedlich durchlaufen, dabei ist die vorgenannte Reihenfolge nicht zwingend: manche Phasen werden übersprungen oder auch mehrmals durchlaufen, nicht immer wird ein Zustand der Akzeptanz (fünfte Phase) erreicht. Für die Begleitung bedeutsam ist, in jeder Phase das Verhalten und die Reaktionen des Gastes zu akzeptieren, ihn mit seinen Emotionen ernst zu nehmen und diese mit zu tragen, sich nicht abzuwenden, sondern da zu sein und da zu bleiben, intensiv und aktiv zuzuhören oder ein Schweigen (gemeinsam) auszuhalten. Kübler-Ross plädiert in diesem Zusammenhang, die Einzigartigkeit eines jeden Menschen bei seiner Begleitung stets zu berücksichtigen. „The question is really 'What does it mean to die with dignity?'“ she [Kübler-Ross] said in a radio interview back in 1975. „To die with dignity to me means to die within your character. That means there are people who have used denial all their life long; they will most likely die in a stage of denial. There are people who have been fighters and rebels all their life long, and by golly they want to die that way. And to those patients we have to help them, to say it's ok.“ (http://americanradioworks.publicradio.org/features/hospice/a1.html [zuletzt abgerufen am 12

24.05.2016]) In jedem Fall erfordert Begleitung ein hohes Maß an sozialer Kompetenz. Neben Aspekten wie Sensibilität, Empathie, Respekt, Wohlwollen, Ehrlichkeit/ Aufrichtigkeit, Authentizität, Geduld, Gelassenheit, Toleranz, Offenheit, Freundlichkeit, Flexibilität, Spontaneität, u. a. beinhaltet das vor allem auch eine ausgeprägte Kommunikationsfähigkeit (siehe Kapitel 2.2) verbunden mit der Fähigkeit, sich selbst zurück zu nehmen, einer reflektierten Selbstwahrnehmung und dem Bewusstsein der eigenen Wirkung auf Andere. Als Therapiehunde-Team sollte der Fachkraft auch stets die Wirkung des Hundes auf den Gast in der jeweiligen Situation bewusst sein und diese immer wieder (selbst-) kritisch hinterfragt werden. Hier besteht nicht nur die Chance, über den Hund einen anderen - vielleicht ganz eigenen - Zugang zum Gast zu bekommen, sondern auch ein erhöhter Anspruch bezüglich einer geteilten Aufmerksamkeit und sensiblen Wahrnehmung/ guten Beobachtungsgabe sowohl des Gastes wie auch des Hundes, um im Kontakt den jeweiligen Bedürfnissen beider gleichermaßen gerecht werden zu können. 2.2 2.2 KKoommmmuunniikkaattiioonn Als ein zentraler Aspekt in der Begleitung soll an dieser Stelle die Kommunikation in all ihren Formen (verbal, paraverbal, nonverbal) hervorgehoben werden. „Begleitung bedeutet persönliche Zuwendung. Zuwendung im Gespräch, […] oft auch nonverbal, kleine Berührungen sind wichtig und vor allem: einfach da zu sein. [...]“ (Bonhorst 2015, S. 51) Grundlegender Prozess einer gelungenen Kommunikation ist, eigene Gedanken, Gefühle, Bedürfnisse und Impulse in Wörtern, Symbolen, Zeichen oder Gestik und Mimik auszudrücken, welche das Gegenüber versteht bzw. 13

erkennt. Nach Watzlawick kann man „sich nicht nicht verhalten“, folglich „ […] nicht nicht kommunizieren. Handeln oder Nichthandeln, Worte oder Schweigen haben Mitteilungscharakter“ (Watzlawick 1969, zitiert nach Vernooij/ Schneider 2013, S. 17). Das so genannte Vier-Ohren-Modell von Schulz von Thun besagt, dass eine Botschaft auf vier verschiedenen Wahrnehmungsebenen (Sach-, Beziehungs-, Selbstoffenbarungs- und Appellebene) gesendet bzw. empfangen werden kann. Insbesondere subjektiv-emotionale Inhalte finden häufig eher nonverbal ihren Ausdruck. Hunde, die selbst nur über analoge Kommunikationsmöglichkeiten (wie Gestik, Mimik, Körperhaltung, Körperbewegung, Stimmmodulation, Berührungen, Geruch, Geschmack, etc.) verfügen, reagieren auch wesentlich auf diese nonverbal ausgesandten Signale (vgl. Vernooij/ Schneider 2013, S. 18-21). Gesprächsführung und Gesprächstechniken zu beherrschen, ist in der Begleitung ebenso hilfreich wie grundlegende Kenntnisse über die mögliche Symbolsprache Schwerstkranker und Sterbender zu haben. Dem Gast dienlich ist ein wertfreies, aktives Zuhören, schwierigen Themen nicht auszuweichen, sondern im Gesprächsverlauf beim Gast/ in der Situation zu bleiben und den Raum zuzugestehen, den der Gast einem Thema gibt; wertschätzend zu reagieren, sich selbst zurück nehmen (und abgrenzen), aber auch die eigene Sprachlosigkeit annehmen zu können, Schweigen aushalten und als wichtige Gesprächsform akzeptieren zu können. Der Hund kann hier eine wichtige Stütze in der Begleitung darstellen, um einerseits ein Schweigen des Gastes oder eine mögliche eigene Sprachlosigkeit der Fachkraft besser aushalten zu können. Andererseits kann der Hund vor allem in der Erstbegegnung als „Eisbrecher“ dienen, indem er einen Gesprächsanlass - zunächst vielleicht auf der reinen Sachebene - bietet, er fungiert sozusagen als Kontaktmittler und Kommunikationsstarter. Oftmals sprechen Tiere aber die Gefühlsebene des Menschen direkt an. 14

„Viele Menschen empfinden es durchaus leichter, sich gegenüber Tieren zu öffnen.“ (Otterstedt 2001, S. 24) Daher kann der Hund auch als Katalysator dienen, emotionale Offenheit und affektive Entladung des Gastes ermöglichen (siehe auch Kapitel 3, S. 17f). 3 3 PPllaannuunng g ddeess GGeessaammttpprroojjeekktteess Der nachfolgende Planungsbogen orientiert sich am „Dokumentationsbogen Qualitätssicherung für die Planung von Projekten in der tiergestützten Arbeit“ (Wohlfahrt/ Olbrich (2014), S. 41-59). Projektplanung Projektplanung Projektname: Hospizhund [Arbeitstitel] Projektbeschreibung: Therapiehunde-Team Besuch im Hospiz Allgemeine Angaben zum Projekt: Projektdurchführung: Einrichtung: Sara Zaade & Therapiehund Samiro Hospiz Nordheide 21244 Buchholz Niedersachsen www.hospiz-nordheide.de Ansprechpartner: Pflegedienstleitung Projektdauer: Zeitlicher Rahmen: zunächst als Pilot-Phase angesetzt für 3 Monate, anschl. Evaluation und Fortsetzung nach Vereinbarung jeweils personen- u. situationsbezogene Flexibilität in der zeitlichen Gestaltung (Einsatz des Therapiehundes ohne Pause in der Regel zwischen 10 und max. 45 Min.). Frequenz: 1x wöchentlich zu einem regelmäßigen, festen Termin; ggf. zusätzliche Termine nach Bedarf der Gäste 15

Gesamtbedarf: > finanziell > personell > materiell Projektspezifische (Vor-) Kenntnisse, Kompetenzen & Qualifikationen des ausübenden Mensch- Tier-Teams: ehrenamtlich für die angesetzte Dauer des Projektes neben dem ausübenden Therapiehunde-Team kein zusätzlicher personeller Aufwand [außer ggf. für Supervison] Material vorhanden Mensch:  Pädagogische Grundausbildung  qualifiziertes u. geprüftes Therapiehunde-Team  Fortbildung „Besichtigung und inhaltliche Arbeit des Kinderhospiz“ 2012  Fortbildung „Erlebnispädagogik für Begleiter trauernder   Kinder“ 2015 zertifizierte Weiterbildung zur Fachkraft für Tiergestützte Interventionen (TGI) 2016 [nach Möglichkeit] Projekt begleitend Schulung zur Weg-/ Sterbe-/ Trauerbegleiterin Tier:  Wesenstest (EZFG) abgelegt 2012: „vorzügliches Wesen“, 509 von 550 Punkten, höchste Bewertungsstufe  D.O.Q. Test 2.0 erfolgreich abgelegt 2012  Therapiehunde-Team Ausbildung, hier: Eingangs-, Basis-  und Fähigkeitsprüfung erfolgreich abgelegt 2012 kontinuierlich einsatzbereichsspezifisches (Milieu- und Belastungs-)Training besondere (Wesens-) Eigenschaften: freundlich & menschenbezogen, gelassen, friedfertig, ausgeglichenes Temperament, bellarm, sicher bei diversen Reizen, ausgeprägte Körpersprache und Mienenspiel, hohe Toleranz, keine Futter- oder Revierverteidigung, apportierfreudig, hoher Sozialisationsgrad, geringer & gut kontrollierbarer Jagdtrieb, vertrauensvolle, sehr gute Bindung zu, Orientierung an und Führwilligkeit durch Halterin, gepflegtes, ansprechendes Äußeres (helles, kuscheliges Fell)  besondere Fähigkeiten: - Assistenzen wie eine Tasche tragen, Gegenstände (z. B. Schlüssel, Geldmünzen) aufheben und in die Hand geben, Socken/ Handschuhe ausziehen, den Ampelschalter betätigen, Wäsche vom Wäscheständer nehmen, eine Schublade aufziehen - diverse Tricks (Pfote geben, winken, Rolle, etc.) Besonderheiten der Institution: Hospiz (nähere Informationen siehe Homepage des Hospiz Nordheide) Besonderheiten der Zielgruppe: Hospizgäste, d. h. Erwachsene unterschiedlichen Alters mit einer unheilbaren, weit fortgeschrittenen Erkrankung in ihrer letzten 16

Lebensphase. Allg. Zielsetzung(en) & Wirkungsansätze2: Hunde üben auf viele Menschen per se eine Faszination aus, sie begegnen dem Menschen vorurteils- und bewertungsfrei. Der Besuch des Hundes bietet Freude und Abwechslung im Hospizalltag.  Belastungsfreie Atmosphäre, Entspannung, emotionale Stabilisierung: Nachweislich wirkt sich bereits die bloße Präsenz eines Hundes positiv auf das Herz-Kreislaufsystem aus, Blutdruck, Puls- und Herzfrequenz normalisieren sich. Insbesondere durch Körperkontakt wie Streicheln oder Kontaktliegen werden Beta- Endorphine freigesetzt, die Ausschüttung von Cortisol verringert und der Sympathikus aktiviert. Eine stressmindernde, entspannende Wirkung tritt ein. Der Kontakt zum Hund fokussiert auf das „Hier & Jetzt“, lenkt von krankheitsbedingten Symptomen, Schmerzen, Sorgen und Ängsten ab, ermöglicht das Erleben spontaner Freude.  „ Eisbrecher“/ „Katalysator“/ Brückenfunktion in der Begleitung des Gastes (auch im Sterbe-/ Trauerprozess): Der Hund dient als „Eisbrecher“ vor allem in der Erstbegegnung, nimmt aber auch eine wichtige Brückenfunktion im weiteren Verlauf ein. Die Anwesenheit des Hundes trägt zu einer gelösten Atmosphäre bei, kann die Hemmschwelle herabsetzen und emotionale Sicherheit schaffen, so dass z. B. auch Momente des gemeinsamen Schweigens für beide Seiten besser aushaltbar werden. Andererseits wiederum kann der Hund als „stiller Zuhörer“ dienen, emotionale Offenheit und affektive Entladung des Gastes ermöglichen und ihm den Zugang zu für ihn schwierige Themen erleichtern (etwa Eingestehen, Offenlegen und Überwinden von belastenden Gedanken und Ängsten). Der Hund bietet dem Gast Regressions-, Projektions- und Entlastungsmöglichkeit.  Bedürfnisbefriedigung: Im Kontakt mit dem Hund kann den Bedürfnissen nach Nähe, Zuneigung, Sinnlichkeit, Zärtlichkeit (streicheln, kuscheln, liebkosen) nachgekommen werden, ein mögliches Einsamkeitsgefühl (zumindest vorübergehend) gemildert werden.  Anregung, Motivation, Stimulation: In der Begegnung kann der Hund den Gast motivieren, aktivieren, stimulieren, etwas initiieren oder demonstrieren. In gemeinsamen, freudvollen Interaktionen mit Hund können so u. 2 vgl. Rieckmann, M./ Zaade, S. (2015), S.4ff 17

a. Bewegung, Motorik, Konzentrations- oder Gedächtnisleistung angeregt und gefördert werden. Der Hund kann eine Erinnerungsstütze für die Biografie-Arbeit oder einen wichtigen Impuls zur Sprachanregung darstellen, ruft oftmals Erinnerungen (etwa eigener Tiererfahrungen) hervor und bietet Gesprächsanlässe, ggf. auch über den konkreten Besuch hinaus. Erwartungshaltung seitens der Institution und Wünsche der Gäste: Es wurde generelle Offenheit für das Projekt bekundet, keine Erwartungshaltung konkretisiert. Diese werden vor und in dem direkten Kontakt ermittelt und berücksichtigt. Inhaltliche Gestaltungsplanung: Der Therapiehunde-Team Einsatz kann so vielfältig gestaltet werden, wie die Einzigartigkeit der Gäste ist. Basis der Tätigkeit ist ein jederzeit wertschätzender, wohlwollender und vertrauensvoller Kontakt im Beziehungsdreieck Gast – Therapiehunde-Team. Ich richte mich nach den Prinzipien der Freiwilligkeit, Ressourcenorientierung und positiven Verstärkung. Kontinuität und Verlässlichkeit aber auch Absprachefähigkeit, Flexibilität, Variabilität und Spontaneität werden als Selbstverständlichkeit angesehen. Bevorzugtes Setting wäre der Einzelkontakt. In diesem vertrauten und geschützten Rahmen steht der individuelle Gast mit seiner Persönlichkeit, seinen Wünschen, Bedürfnissen, Befindlichkeiten und Ressourcen stets im Mittelpunkt. Weitere Vorteile des Einzelsettings sind ein intensiver, ungeteilter Kontakt zum Tier und der Rahmen für flexible, spontane örtliche u. vor allem inhaltliche Gestaltung des Therapiehunde-Team Einsatzes. So könnte ein Kontakt je nach Wunsch, Möglichkeit und Verfassung des Gastes mehr oder weniger aktiv gestaltet werden, auf dem Zimmer (auch bei bettlägrigen Gästen, hier beispielsweise Kontaktliegen des Hundes), auf der Terrasse oder im Wintergarten stattfinden. Möglich wären ggf. auch kurze Spaziergänge auf dem Außengelände, vielleicht gemeinsam mit Angehörigen. Anfangs stünden die Kontaktaufnahme, das gegenseitige Kennenlernen, die Vertrauensbildung zwischen Gast und Therapiehunde-Team im Vordergrund. (Voraussetzungen &) Rahmenbedingungen: Institutionell/ Organisatorisch:  vorab Information sämtlicher MitarbeiterInnen (inkl. Verwaltung, Hauswirtschaft, Hausmeister und 18

Raumpflegepersonal) über das Therapiehunde-Team- Projekt sowie Abfrage bzgl. Phobie & Allergie.  Ankündigung des Projektes bei den Gästen (Abfrage Phobie & Allergie), Angebotsbeschreibung in der Info- Mappe des Hospizes, welche Gäste bei Neuaufnahme erhalten jeweils zum Einsatzzeitpunkt Hinweisschilder („Hund im Haus“ im Eingangsbereich sowie „Hund im Raum“ an entsprechender Zimmertür) verwenden   institutionelle Regelung bzgl. Hygieneplan beachten Zielgruppenspezifisch:  Freiwilligkeit des Angebotes, situationsbedingte Flexibilität und Spontaneität entsprechend der aktuellen Befindlichkeiten, Wünsche, Bedürfnisse und Ressourcen der Gäste  Zielgruppenansprache: insbesondere Gäste mit einer Affinität zu Hunden, Gäste, die selbst ein Haustier besaßen und sich von diesem trennen mussten, Gäste, die keinen Familienanschluss/ keine An- und Zugehörigen oder selten Besuch haben Tierspezifisch:  Besonderheiten/ charakterliche Eigenschaften/ Fähigkeiten des Hundes, seine individuelle Belastbarkeit (hier auf Stresssignale achten) und tatsächliche Verfassung stets berücksichtigen  Tierschutzrelevante Aspekte3 einhalten: Ruhezone, ausreichend frisches Wasser frei zugänglich, Raumklima, Entscheidungsfreiheit/ Freiwilligkeit, max. Arbeitspensum und angemessene Einsatzdauer, artgerechte Haltung, Ernährung, Pflege, Unterbringung und Sozialisation (ausreichend Kontakt zu Artgenossen, ausgleichende Beschäftigung, etc.) Eine den Einsatz als Therapiehund abdeckende Hundehaftpflichtversicherung besteht. In der Pilot-Phase ist der Einsatz als ehrenamtliche Tätigkeit über die Haftpflichtversicherung der Institution abgedeckt. Verschwiegenheit und Datenschutz werden gewährleistet. Hygiene:  Der Therapiehund unterliegt einer stetigen Pflege, Gesundheitsprophylaxe (Impfung, Entwurmung, Parasitenschutz) sowie regelmäßigen, tierärztlichen Kontrolle. Selbstverständlich kommt nur ein sauberer, gesunder Hund zum Einsatz. 19 Versicherung & Rechtliches: Hygiene & Risikobewertung: 3 vgl. TVT (2011)

 Institutionelle Hygienestandards und -maßnahmen werden eingehalten und für das Therapiehunde-Team gesonderte Regeln (etwa Nutzungsverbot bestimmter Räume wie Küche, steril zu haltender Behandlungsräume, Räume in denen Nahrungsmittel oder medizinische Produkte lagern, etc.) beachtet. Auf Wunsch kann zusätzlich ein eigens auf die Institution ausgerichteter Hygieneplan für das Therapiehunde-Team erstellt werden. Risikoabschätzung: 5 & Vorbeugung:  Mögliche Infektionen durch Zoonosen  Es besteht, laut einer Untersuchung der Tierärztlichen Fakultäten in Gießen und München, durch den Einsatz von Tieren im stationären Bereich keine erhöhte hygienische Gefahr verglichen mit der durch menschliche Besucher.4 Durch die angewandte, oben beschriebene Gesundheitsprophylaxe wird möglichen Infektionen des Menschen durch den Hund weitestgehend vorgebeugt. Aber auch ein gesunder Hund kann Überträger von Magen-Darm-Erkrankungen (wie Salmonellen, Campylobacter, etc.) sein. Im normalen Kontakt über Berührungen wie Streicheln ist eine Übertragung derartiger Infektionen weniger zu erwarten. Speichelkontakt (intensives Lecken des Tieres oder ein Auf-die-Schnauze-Küssen vom Menschen) kann das Risiko selbstverständlich erhöhen6. Hier können einfache, vorbeugende Maßnahmen (etwa Lecken des Hundes im Gesicht tabuisieren, Händewaschen/ Desinfektion nach dem Hundekontakt) getroffen werden, um das Risiko zu minimieren. Zum Schutz des Menschen wie auch des Hundes bestehen allerdings auch einige Kontraindikationen7:  ausgeprägte Hundephobie  ausgeprägte Tierhaarallergie  sehr stark ausgeprägte Formen von Allergien, Neurodermitis oder Asthmaerkrankungen immunsupprimierende und -konsumierende Erkrankungen (wie Lungenentzündung, Malignom, schwerer, nicht eingestellter Diabetes mellitus, u. a.)* schwere, akute Infektionen*   4 5 6 7 vgl. Asshauer (2003), S. 4 Zoonosen sind vom Tier auf den Menschen und umgekehrt übertragbare Krankheiten. vgl. Asshauer (2003), S. 4 ebd. 20

 extrem offene Wunden, nicht abgeschlossene Wundheilung (etwa Dekubitus)* * Hier wird, gemeinsam mit der Pflegedienstleitung, jeweils der konkrete Einzelfall betrachtet und unter den besonderen Gegebenheiten abgewogen, ob und ggf. unter welchen speziellen Rahmenbedingungen (auch zum Schutz des Hundes) dem Wunsch nach Hundekontakt dennoch entsprochen werden könnte. Denn „wenn ein Mensch von einer nicht mehr therapierbaren Krankheit betroffen ist und einen Tierbesuch wünscht, dann ist die Begegnung und Ansprache durch das Tier höher einzuschätzen als ein mögliches Infektionsrisiko.“8 Faktoren, die das Projekt positiv beeinflussen (+) bzw. beeinträchtigen (-) könnten: (+) Offenheit für das Projektvorhaben seitens aller Beteiligten (+) hundeaffine Gäste (+) positive Ansprache, hoher Anreiz durch Hund (ansprechendes Äußeres, freundliches Wesen, etc.) (+) institutionelle Einbindung und Unterstützung (Kollegialität, Austausch/ Übergabegespräche) (-) Skepsis seitens der Institution (-) überdurchschnittlicher Anteil Phobie- und Allergiebetroffener (-) zu hohe Erwartungshaltung seitens der Beteiligten (-) Überforderung (des Gastes, des Hundes, der Fachkraft) Ergänzende Aspekte & Überlegungen: (Ggf. schriftl.) Einverständnis der Hospizleitung für das Verfassen einer Abschlussarbeit einholen (Datenschutz gewährleistet). 44 U Ummsseettzzuunng g ddees s GGeessaammttpprroojjeekktteess Gäste erhalten bei Neuaufnahme mit der Info-Mappe des Hospizes bereits Kenntnis über das Angebot (Angebotsbeschreibung). Die Pflegedienstleitung übernimmt die Abfrage der Gäste nach generellem Interesse am Angebot, möglicher Hundephobie und Tierhaarallergie, womit bereits eine Vorauswahl der Gäste getroffen ist. 8 Otterstedt (2001), S. 131 21

4.14.1 Z Ziieellggrruuppppee Hospizgäste ohne Tierhaarallergie und ohne Hundephobie, die den Besuch des Hundes aktuell wünschen. Insbesondere Gäste mit einer Affinität zu Hunden. Oft sind dies Gäste, bei denen einmal selbst ein Hund (ein Haustier) im Haushalt lebte. Angehörige, die spontan aufgrund der Präsenz des Hundes im Wintergarten oder bei Begegnung auf dem Flur den direkten Kontakt suchen. 4.2 4.2 ZZiieellppeerrssppeekkttiivvee „Immer ist die wichtigste Stunde die gegenwärtige, immer ist der wichtigste Mensch der dir gerade gegenüber steht, immer ist die wichtigste Tat die Liebe.“ (Meister Eckhart 1260-1327) Das konkrete Ziel für den einzelnen Gast bzw. Angehörigen ist in jeder Begegnung neu und situativ zu ermitteln. Eine explizit vorausgegangene Zielplanung ist nahezu unmöglich. „Was zuvor geplant war, kann an dem Tag des Besuches dem Betroffenen […] zu viel werden. Tierbesuche sind am besten so flexibel zu planen, dass sie der jeweiligen Stimmung entsprechend gestaltet werden können.“ (Otterstedt 2001, S. 105) An dieser Stelle sei auf allgemeine Zielsetzungen und Wirkungsansätze (auf S.17f beschrieben) verwiesen. Eine grundsätzlich offene, zugewandte Haltung dem Gast/ Angehörigen gegenüber ist außerordentlich bedeutsam. Anzumer- ken ist in diesem Zusammenhang noch, dass besonders auch im Kontakt mit dem Hund auf das individuelle Nähe-Distanz Bedürfnis des Gastes einzuge- hen und dieses zu respektieren sei. Als Fachkraft seine möglicherweise eigene Erwartungshaltung abzulegen und sich ganz auf die Bedürfnisse des Gastes/ Angehörigen einzustellen ohne dabei den rücksichtsvollen Blick auf den Hund zu vernachlässigen wäre 22

optimal (siehe hierzu auch Otterstedt 2001, S. 26f). 4.3 4.3 VVeerrllaauuffssaannaallyyssee Der Therapiehunde-Team Besuch wurde als regelmäßiges, wöchentliches Angebot in den Gesamtablauf (Wochenplan) des Hospizes integriert und hat sich als fester Termin am Vormittag etabliert. Die Präsenzzeit des Therapiehunde-Teams am Besuchsvormittag beträgt zwei Stunden. Im Wintergarten des Hospizes ist die Basis-, d. h. erste Anlaufstation und fester Hundeplatz (Decke, Trinknapf), welcher auch als Ruhezone zwischen den einzelnen Kontakten dient. Bei Ankunft erfolgt zunächst eine Anmeldung im Dienstzimmer, um in einem Übergabegespräch von den Pflegekräften zu erfahren, welche Gäste aktuell einen Besuch des Therapie- hunde-Teams wünschen. An 12 Terminen haben 33 Besuche bei insgesamt 15 Gästen sowie 18 Kontakte mit 13 Angehörigen stattgefunden. [Im Schnitt 2,75 Gästebesuche und 1,5 Angehörigenkontakte pro Termin]. 23 Besuche fanden auf den Zimmern der Gäste (davon 18 mit Kontaktliegen des Hundes auf dem Bett), 6 im Wintergarten, 2 auf den zimmereigenen Terrassen der Gäste und 2 auf der Terrasse vor dem Wintergarten statt. Die Angehörigenkontakte erfolgten überwiegend spontan im Wintergarten oder als gemeinsamer Gäste- und Angehörigenkontakt auf den Zimmern. Die Dauer der einzelnen Besuche ist stets individuell und situativ unterschiedlich und variierte von 5 bis max. 40 Minuten pro Gast. [Die Durchschnittsdauer eines Gästebesuches beträgt 23 Minuten.] Die meisten Gäste nahmen nach dem Erstkontakt den Therapiehunde-Team Besuch regelmäßig in Anspruch. Laut Aussage der stellvertretenden Pflegedienstleitung konnte im Vergleich der Therapiehunde-Team Besuch 23

auch dann stattfinden, wenn andere alternative Therapieangebote (etwa Musik- oder Atemtherapie) aufgrund der aktuellen Belegungs- oder individuellen Gästesituation abgesagt wurden. Die Besuche sind in der inhaltlichen Gestaltung jeweils personenorientiert (Wunsch, Verfassung, Möglichkeit des Gastes) und flexibel auf die aktuelle Situation bezogen. Folgende Wirkungsansätze kamen zum Tragen9: Der Therapiehunde-Team Besuch schien bei allen Gästen, die diesen in Anspruch nahmen als willkommene, freudvolle Abwechslung im Hospizalltag erlebt zu werden. Der Hund wurde immer lächelnd und freudig, nicht selten bereits erwartungsvoll, von den Gästen empfangen. Bis auf wenige Ausnahmen konnten sich alle Gäste gut auf die Begegnung einlassen. Bemerkenswert war die extreme Offenheit und ein großes Mitteilungsbedürfnis (auch intimer und emotionaler Themen) vieler Gäste bereits in den Erstbegegnungen. Auch wenn im Hospiz Nordheide generell die Gesprächskultur und Vertrauensbasis zwischen Gästen/ Angehörigen und MitarbeiterInnen sehr ausgeprägt ist, so sind wir doch als Therapiehunde- Team in der Erstbegegnung zunächst Fremde für den Gast. Meine Hypothese ist, dass der Hund einen entscheidenden, impulsgebenden Faktor für die Gesprächsbereitschaft/ Offenheit/ Vertrauensbildung in den Erstkontakten darstellte [Brückenfunktion]. Leider fehlt mir hier, um diese Hypothese zu fundieren, ein Vergleich zum Verlauf von Erstkontakten ohne Hund. Der hohe Anteil an Gästen, die ein Kontaktliegen des Hundes auf dem Bett wünschten (18 von 23 Begegnungen), spricht für die Wirkungsebene der Bedürfnisbefriedigung (Bedürfnis nach Nähe, Körperkontakt und -wärme, Streicheln, Kuscheln, Liebkosen). Ebenso häufig konnte der Wunsch, dem Hund ein Leckerli geben zu dürfen, registriert werden. Bei nicht wenigen 9 Anmerkung: Es wurden hierfür keine objektiven Erhebungsinstrumente verwendet; die nachfolgenden Aussagen beruhen lediglich auf eigenen Beobachtungen/ Einschätzungen. 24

Gästen hatte das Kontaktliegen des Hundes eine entspannende, beruhigende Wirkung: Der Atem regulierte sich merklich, einige Gäste schlossen während des Streichelns die Augen oder nickten darüber sogar für eine Weile ein. Häufig wurde der Hund während des Kontaktliegens vom Gast emotional angesprochen und ihm wurden aktuelle Befindlichkeiten erzählt - die Kommunikation verlief also zunächst über den Hund als Kommunikations- partner [Hund als Entlastungsmöglichkeit, Regressions- und Projektionsfläche] und bot sodann mir als Fachkraft die Möglichkeit etwas aufzugreifen, zu vertiefen oder dem Gast zu spiegeln. Die meisten der Angehörigen, auch einige Gäste, nutzten den Hundekontakt als freudvolle Ablenkung von situations- und symptombedingten Sorgen, Ängsten, Traurigkeit oder Schmerz. Der Hund schaffte in diesen Situationen durch Fokussierung auf das „Hier & Jetzt“ zumindest zeitweilig eine gelöstere Atmosphäre. Sehr oft war, gerade auch bei Besuchen von Gästen zusammen mit ihren Angehörigen, der Hund ein Impulsgeber für Gesprächsanlässe und gemein- same Erinnerungen (eigener Tiererfahrungen oder an schöne vergangene Zeiten). Anscheinend war der Hund bei manchen Gästen und Angehörigen auch über den eigentlichen Besuch hinaus noch untereinander Gesprächsthema. 5 5 KKrriittiisscchhe e WWüürrddiigguunng g ddees s GGeessaammttpprroojjeekktteess Bezugnehmend auf die erkenntnisleitenden Eingangsfragen ist festzustellen, dass eine hundgestützte Intervention durchaus an einem besonderen Ort wie dem Hospiz stattfinden kann und von den Gästen angenommen wird. Als wöchentliches Besuchsangebot mit einer Präsenzzeit von 2 Stunden wurde eine für alle Beteiligten praktikable Interventionsform für das Hospiz Nordheide 25

realisiert. Sicherlich sind noch andere Umsetzungsvarianten möglich. Dass ein Tier-, in dem konkreten Fall der Hundekontakt positive Effekte bei den Gästen bewirken kann, wurde in Kapitel 4 aufgezeigt. Nicht erwähnt wurde dort, dass sich durchaus auch MitarbeiterInnen an dem Hundebesuch erfreuen. Die vorausgegangene Skepsis, ob der Hund bei den Gästen nicht vielleicht überwiegend Traurigkeit auslösen könnte, kann relativiert werden: In nur zwei Begegnungen führte der Hundekontakt beim Gast zu Emotionen wie Traurigkeit oder Trauer, was aber jeweils als lösender Prozess gesehen und nicht negativ gewertet wurde. Weitere Aspekte, auch Schwierigkeiten, die im Verlauf des Projektes ersichtlich wurden, sollen nachfolgend kurz aufgezeigt werden. Als Erstes kann bemerkt werden, dass auch der ausgebildete Therapiehund zunächst einer Phase der Eingewöhnung im unbekannten Terrain des stationären Hospizes bedarf [u. a. hinsichtlich Umgebung etwa auch Hubschrauberlandeplatz, Raumerkundung (hier Bodenbeschaffenheit, Klima, Gerüche, Geräusche, etc.) und auch hinsichtlich der zu übernehmenden Aufgabe (was wird vom Hund wann und wie mit wem erwartet)]. Auch nach der Eingewöhnungsphase sollte dem Hund an jedem Besuchstag zunächst eine Zeit der Akklimatisierung zugestanden werden. Meines Erachtens wäre ein zusätzliches, spezifisches Milieutraining mit dem Hund sinnvoll (etwa das behutsame, vorsichtige Einnehmen einer Position zum Kontaktliegen im Bett des Gastes, die Gewöhnung an Geräusch und Bewegung eines Pflegebettes, an das Geräusch eines transportablen Sauerstoffgerätes, o. ä.). Auch wenn einiges davon bereits Inhalt der Ausbildung zum Therapiehunde-Team war, würde ein kontinuierliches Training den Hund in der konkreten Besuchssituation entlasten. Nicht zu verkennen ist die Belastung für den Hund. Auch wenn Außenstehende vielleicht denken, der Hund hätte nichts zu tun außer auf dem 26

Bett zu liegen und sich streicheln zu lassen, so ist die Anstrengung allein aufgrund der vielen verschiedenen Eindrücke (Gerüche, Stimmungen, Hormonausschüttung, etc.), die der Hund viel sensibler wahrnimmt als der Mensch, nicht zu unterschätzen. Wichtig ist hier als Fachkraft die individuellen Stresssignale des Hundes zu beachten und ihm ggf. in der Situation Entlastungsmöglichkeiten anzubieten, Pausen zu gönnen oder auch den Einsatz zu beenden, um eine Überforderung zu vermeiden. Interessanterweise waren hier auch die Gäste sehr sensibel für entsprechende Anzeichen des Hundes und konnten dann etwa auch ein Besuchsende akzep- tieren. Auffallend ist, dass der Hund das Verhalten des Gastes häufig spiegelt: wird er gleich freudig begrüßt und positiv angesprochen, wendet er sich bereitwillig und ebenso freudig dem Gast zu. Die weitere Kontaktgestaltung ist dann meist spontan und frei. Zeigt der Gast erst keine oder nur wenig Reaktion, beachtet der Hund ihn von sich aus auch wenig. Dann geht der Impuls zur Kontaktanbahnung von der Fachkraft aus und auch die weitere Kontaktgestaltung verläuft dann oft eher gelenkt. Was oft postuliert wird, dass ein Tier unvoreingenommen, wertfrei und offen auf jeden zugehe, muss hier relativiert werden: Den Hund mag zwar nicht interessieren, ob ihn jemand angezogen oder im Pyjama, gewaschen oder unrasiert empfängt, aber auch ein Hund kann etwas oder jemanden „nicht riechen“, ihn können Geräusche (etwa Rasselatmung) oder unkoordinierte Bewegungen irritieren. Und auch ein Hund hat „schlechte Tage“ an denen er - im Gegensatz zum Menschen, der aus rationalen Gründen sich vielleicht „zusammenreißen“ mag - sich manchen Situationen vielleicht lieber entzieht. All das muss der Fachkraft stets bewusst sein. Sie muss hinterfragen, was ein mögliches Abwenden des Hundes vom Gast (aus welchen Gründen auch immer) für diesen bedeuten kann, ob ein Gefühl der Ablehnung oder Enttäuschung entstehen könnte und ob ein solches in dieser Situation 27

schwerwiegender einzustufen ist als eine mögliche Überforderung des Hundes. Der Anspruch Gast und Hund gleichermaßen gerecht zu werden, stellt die Fachkraft in so einem Fall vor eine besondere Herausforderung: Sie muss entscheiden, was Priorität hat und entweder dem Hund sein intuitives, authentisches Verhalten zugestehen oder ihm eine antrainierte Verhaltensänderung abverlangen. Abschließendes Resümee: Das Gesamtprojekt ist zu würdigen, die positiven Aspekte überwiegen. Einige Aspekte sind kritisch zu hinterfragen und hier gilt genauer zu eruieren, wie ggf. daraus entstehenden Schwierigkeiten besser begegnet werden kann. Andere Aspekte wiederum konnten relativiert werden. Immer gilt es, das konkrete Wirkungsfeld (Umgebung u. Beziehungsgefüge) in der jeweiligen Situation im Blick zu haben, um möglichst allen Beteiligten (inkl. dem Hund) gerecht werden und positive Effekte einer tiergestützten Interven- tion erzielen zu können. 5.1 5.1 AAuussbblliicckk Ein die Pilot-Phase abschließendes Evaluationsgespräch mit der Pflegedienst- und Geschäftsleitung stand bei Abgabe der vorliegenden Arbeit noch aus. Ob eine Fortführung des Therapiehunde-Team Besuches von Seiten der Institution generell gewünscht wird und ob in diesem Fall ggf. Änderungswünsche oder Optimierungsvorschläge für eine weitere Durchführung bestehen, ist derzeit noch offen. 28

5.25.2 D Deessiiddeerraattaa Aufzuführen sei hier zunächst die bereits in Kapitel 1 erwähnte Forderung nach allgemeiner Qualitätssicherung und Vereinheitlichung der Aus- und Fortbildungs- bzw. Berufsstandards im Bereich der Tiergestützten Arbeit. Ich plädiere für eine Basisausbildung des Mensch-Hund-Teams und anschlie- ßender spezifischer Fortbildung für den speziellen Einsatzbereich (inkl. praktischem Milieutraining) sowie regelmäßiger obligatorischer Weiterbildung in diesem. Besonders wünschens- und erstrebenswert wäre meines Erachtens die Etablierung regionaler Qualitätszirkel und/ oder Supervisionsgruppen für aktive Mensch-Hund-Teams in ihren jeweils spezifischen Wirkungskreisen. Weiterhin besteht sicher auch allgemeiner Forschungsbedarf, Bedarf an empirischen Studien insbesondere zur Wirksamkeit der Tiergestützten Interventionen; vor allem auch um Möglichkeiten der Abrechenbarkeit dieser zu eröffnen bzw. eine Finanzierung dieser gegenüber Leistungsträgern rechtfertigen zu können. Das würde Institutionen, die offen für Tiergestützte Interventionen sind, eine Realisierung entsprechender Angebote und Projekte erleichtern. 29

LLiitteerraattuurr Asshauer, I. Dr. et al. (2003): Modellversuch Therapiehund. Konzeption für eine psychiatrische Akutstation des ZfP Südwürttemberg. Weissenau Bundesarbeitsgemeinschaft Hospiz e. V. (Hrsg.) (2005): Qualitätsanforderung zur Vorbereitung Ehrenamtlicher in der Hospizarbeit. Niederzier: Der Hospizverlag als Online-Dokument (zuletzt abgerufen am 18.05.2016): http://www.dhpv.de/tl_files/public/Service/Broschueren/broschuere_qualitaetsanforderung_ehrenamtliche.pdf Bonhorst, B. (2015): Lass mich los – aber nicht allein. E-Book Ausgabe. Frankfurt/ M.: Fischer Borasio, G. (2014): Selbstbestimmt sterben. Was es beduetet – was uns daran hindert – wie wir es erreichen können. München: Beck European Society for Animal Assisted Therapy (ESAAT) (2012): Tiergestützte Therapie. Eine Definition. Wien. Online Dokument (zuletzt abgerufen am 6.7.2015): http://www.esaat.org/filadmin/medien/downloads/Die_Definition_TgT-20.2.2012.pdf Greiffenhagen, S./ Buck-Werner, O. N. (2011): Tiere als Therapie – Neue Wege in Erziehung und Heilung. 3. Auflage Nerdlen: Kynos International Association of Human Animal Interaction Organisations (IAHAIO (2014): White Paper. Online-Dokument (zuletzt abgerufen am 01.08.2016): http://aat-isaat.org/component/jdownloads/send/3-isaat/299-iahaio-white-paper-2014 30

Marcus, D. A. (2015): Hundgestützte Therapie. Mit Hunden Menschen gesünder und glücklicher machen. Deutschsprachige Ausgabe herausgegeben von Armanda Bonomo, 1. Auflage, Bern: Hogrefe Olbrich, Prof. Dr. E./ Otterstedt, Dr. C. (Hrsg.) (2003): Menschen brauchen Tiere – Grundlagen und Praxis der tiergestützten Pädagogik und Therapie. Stuttgart: Franck-Kosmos Otterstedt, Dr. C. (2001): Tiere als therapeutische Begleiter. Gesundheit und Lebensfreude durch Tiere – eine praktische Anleitung. Stuttgart: Franck- Kosmos Piper, H.-C. (1989): Die Sprache der Sterbenden. In: Christophorus-Hospiz- Verein München (Hrsg.): Pflegen bis zuletzt. München, S. 106-114. Rieckmann, M./ Zaade, S. (2015): Wakanda Kasa – Tiergestützte Therapie in Lüneburg und Umgebung. Konzept. Stand: Okt 2015. Lüneburg Röger-Lakenbrink, I. (2011): Das Therapie-Hunde-Team. Ein praktischer Wegweiser. 5. Auflage Nerdlen/ Daun: Kynos Schulz von Thun, F. (2010): Miteinander reden. Band 1, Störungen und Klärungen, Allgemeine Psychologie der Kommunikation. 48. Auflage. Reinbek: Rowohlt 31

Schwarzkopf, A. (2006): Tiere in Heimen und Krankenhäusern. Hygiene – Wirklich ein Problem? Online-Dokument (zuletzt abgerufen am 03.08.2016): http://www.tiergestuetzte-therapie.de/pages/texte/wissenschaft/schwarzkopf/schwarzkopf.htm Schwarzkopf, A. (2011): Tiere in Einrichtungen des Gesundheitsdienstes und der Pädagogik. Eine Handreichung zur Planung Tiergestützter Therapie aus hygienischer Sicht. Aura a.d. Saale: Institut Schwarzkopf GbR. Student, C. Dr. (2006): Die Sterbephasen. Informationen und Hinweise für Helferinnen und Helfer. Online-Dokument (zuletzt abgerufen am 23.05.2016): http://christoph-student.homepage.t-online.de/Downloads/Sterbephasen.pdf?foo=0.43667018832209214 Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz (TVT) e.V. (2011): Nutzung von Tieren im sozialen Einsatz. Merkblatt 131.4: Hunde. Bramsche Vernooj, M. A./ Schneider, S. (2013): Handbuch der Tiergestützten Intervention – Grundlagen, Konzepte, Praxisfelder. 3. Auflage. Quelle & Meyer Wohlfahrt, R., Dr./ Olbrich, E., Prof. (em.), Dr. (2014): Qualitätsentwicklung und Qualitätssicherung in der Praxis tiergestützter Interventionen. Ein Leitfaden. Wien, Zürich: ESAAT und ISAAT. Wohlfahrt, R./ Mutschler, B. (2016): Praxis der hundegestützten Therapie. Grundlagen und Anwendung. München: Ernst Reinhardt. 32

DDaannkkssaagguunngg An dieser Stelle möchte ich mich bei allen herzlich bedanken, die zum Gelingen dieses Pilot-Projektes beigetragen haben. Mein aufrichtiger Dank gilt Herrn Pastor i. R. Burkhart Mecking für die Vermittlung des Kontaktes zum Hospiz Nordheide, dem Geschäftsführer Herrn Peter Johannsen sowie der Pflegedienstleitung Frau Birte Rantze und Frau Sabine Zimdahl für die Offenheit und Bereitschaft sich auf das Projekt einzulassen sowie das mir entgegengebrachte Vertrauen, dem gesamten HospizmitarbeiterInnenteam für die freundliche, anerkennende Aufnahme, allen Gästen und Angehörigen - insbesondere Frau S.(†), Herrn Z., Frau T.(†), Herrn G.(†) & „seinen Damen“, Frau H.(†), Herrn N. & Sohn, Ehepaar W., Herrn R.(†), Frau M.(†) - die wir als Therapiehunde-Team kennenlernen und ein kleines Stück auf ihren Wegen begleiten durften. Ein ganz besonderer Dank gilt Herrn Dr. Clemens Brandt für unsere, die Pilot- Phase begleitenden und für meine Psychohygiene sehr wertvollen, Gespräche – und nicht zuletzt natürlich dem Hauptakteur - ohne dessen gutmütiges, ausgeglichenes, geduldiges Wesen das alles so nicht möglich wäre - meinem treuen und mir stets vertrauensvoll verbundenen „Partner auf vier Pfoten“: Samiro. 34